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Ewiger Urlaub - das Bundesarbeitsgericht setzt um!

Christiane Ordemann • Dez. 21, 2022

Das Bundesarbeitsgericht v. 20.12.2022 (9 AZR 266/20, Pressemitteilung Nr. 48 vom 20.12.2022) setzt die Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) v.22.09.2022 (C-120/21) konsequent um: Ohne Arbeitgeber-Hinweis verjähren Urlaubsabgeltungsansprüche nicht!

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.12.2022 (9 AZR 266/20, Pressemitteilung Nr. 48 vom 20.12.2022) setzt das Bundesarbeitsgericht konsequent die Vorgaben des europäischen Gerichtshofs nach der Vorabentscheidung vom 22.09.2022 (C-120/21) um. Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt festgelegt, dass die gesetzliche Verjährung von Urlaubsansprüchen erst am Ende des Kalenderjahres beginnt, in dem der Arbeitgeber über den konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber 14 Urlaubstage mit ca. 3.200,00 € brutto abgegolten. Die Arbeitnehmerin, Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin, verlangte nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis noch Urlaubsabgeltung für 101 Arbeitstage aus den Vorjahren. Die Klage wurde am 06.08.2018 eingereicht. Das Landesarbeitsgericht sprach der Klägerin in der Berufungsinstanz ca. 17.400,00 € brutto zur Abgeltung weiterer 76 Arbeitstage zu und war der Auffassung, die vom Beklagten Arbeitgeber erhobene Einrede der Verjährung greife nicht durch. Die gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts eingelegte Revision des Arbeitgebers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht schloss sich der Argumentation des EuGH an, dass der Zweck der Verjährungsvorschriften, Rechtssicherheit zu gewährleisten in der vorliegenden Fallkonstellation hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Kater der Grundrechte der EU zurücktrete, da es vorrangig sei, die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Urlaub zu schützen. Die Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dafür dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis beruft, wenn er den Arbeitnehmer nicht durch Hinweis in die Lage versetzt, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Der beklagte Arbeitgeber konnte sich daher nicht darauf berufen, der nicht gewährte Urlaub sei bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses nach Ablauf von drei Jahren verjährt. Die Arbeitnehmerin hatte den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren erhoben.

Die Konsequenz aus dieser Entscheidung ist, dass ein Arbeitgeber, sobald absehbar ist, dass der Jahresurlaub eines Arbeitnehmers nicht bis zum Ablauf des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums genommen wird, diesen möglichst rechtzeitig auf die noch offenen Urlaubsansprüche in nachweisbarer Form hinweisen sollte. Andernfalls drohen hohe finanzielle Risiken, für die möglicherweie Rückstellungen gebildet werden sollten.

Bremen, im Dezember 2022

Christiane Ordemann
Rechtsanwältin
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